Ich soll Dir sagen, dieses Backschwein war wunderbar!
TRADITIONSHANDWERK IN SCHWIELOWSEE
Foto: Fleischer Olaf Bornemann mit seinen Mitarbeiterinnen Kerstin Kiener, Carola Herold, Susanne Grabow und der Senior: Siegfried Bornemann.
Wir sitzen im kleinen Frühstückszimmer hinter dem Verkaufsraum, als im Laden das Telefon klingelt. Nein, es ist keine der vielen Bestellungen für das Wochenende, sondern ein Kunde lässt ausrichten, dass das Backschwein wunderbar war. Fleischer Olaf Bornemann freut sich, seine Cousine Kerstin, gelernte Fleischfachverkäuferin, strahlt.
Alle hier im Laden scheinen ihre Aufgaben mit viel Herzblut zu machen und sich gemeinsam zu freuen, wenn der Kunde die Qualität ihrer Waren zu schätzen weiß. Angefangen beim 82jährigen Vater, der täglich immer noch für ein paar Stunden im Zerlegeraum und in der Wurstküche aushilft über die drei Mitarbeiterinnen hin zum stets gelassen und freundlich wirkenden Chef Olaf Bornemann. Selbst seine Mutter hilft im Laden mit, wenn Not am Mann ist, noch ein Salat gemacht oder eine Platte hergerichtet werden muss. Eine fleißige Mannschaft! 12 Stunden täglich arbeiten sie, vor Feiertagen sind es dann schon einmal 15 Stunden. Vorne im Laden steht manchmal nur einer, weil hinten alle gemeinsam anpacken. Denn jeder Salat ist handgemacht, das Fleisch wird selbst zerlegt, die Wurst ist zum größten Teil selbst gemacht. Wenn samstags der Laden schließt, werden noch Feiern beliefert. Und montags, wenn die anderen frei haben, sitzt der Chef hinter dem Papierkram, macht Bestellungen, kauft Ware ein. Nur der Sonntag ist für Olaf Bornemann wirklich frei, dieser ist ihm heilig, da nimmt er keinen Auftrag an.
Die Fleischerei Bornemann hat eine lange Tradition. Schon der Onkel von Siegfried Bornemann war Fleischermeister. Er war es auch, der zu ihm sagte: „Junge, Du wirst Fleischer!“ Und so begann der Caputher Junge bereits 1950, gerade einmal 14 Jahre alt, die Lehre beim Onkel in Werder und blieb dort 10 Jahre, dann betrieb er die Fleischerei in Ferch und seit 1974 die Konsumfleischerei in Caputh – in dem Laden, in dem heute der Bioladen ist.
Siegfried Bornemann hatte eine Produktionsgenehmigung, was im Osten selten war. Er erhielt eine Liste von Artikeln, die er selbständig herstellen und vertreiben durfte. „Den Fleischern ging es überall gut in der DDR. Sie hatten Beziehungen. Und wenn einer mal ein Rinderfilet wollte – was Mangelware war – da hat man das dann besorgt und dafür zum Beispiel Bananen gekriegt!“ Damals gab es vier Fleischer in Caputh.
Auf meine Frage „wie heute die Geschäfte gehen, entspann sich eine lebhafte Diskussion zwischen Olaf Bornemann und seiner Cousine Kerstin „Heute geht es den Fleischern nicht mehr so gut wegen der Supermärkte. Billig, billig ist in Deutschland wichtig, die Qualität wird nicht geschätzt“ sagt Olaf Bornemann. „Die Leute achten nicht auf ihr Essen“ ergänzt Kerstin „sie geben viel weniger Geld aus für gutes Essen als die Franzosen oder Italiener.“ „Die Franzosen und die Italiener legen viel Wert auf Qualität, sie legen für gutes Fleisch, guten Schinken, gute Salami, guten Wein oder gutes Olivenöl auch mal mehr Geld hin“ fährt er fort.
Olaf Bornemann spürt die Konkurrenz durch den Supermarkt im Ort nicht. Er setzt auf Qualität und gute Beratung. Das wundert einen nicht, war doch Olaf Bornemann in den 80er Jahren Bezirksmeister im Rinder- und Schweinezerlegen, sowohl bei den Lehrlingen als auch bei den Gesellen. Außerdem wurde er 1985 in Rostock als bester jugendlicher Fleischer der DDR ausgezeichnet. Die Kunden aus nah und fern, viele von ihnen Stammkunden, schätzen das Können des Fleischers und die Wertigkeit seiner Produkte. „Wenn die Qualität wackelt, sind die Leute weg. Das geht ganz schnell!“ Deshalb lässt sich Olaf Bornemann vom Schlachthof Altenburg nur Schweine der besten Qualifizierung, der Klasse E1 liefern: mager, vollfleischig. Von der Landfleischerei Bellrich in Salzbrunn bezieht er Rindfleisch. Kollege Konrad Bellrich – mit dem Olaf Bornemann seit der gemeinsamen Zeit in Elsholz befreundet ist – hat eine eigene Herde und schlachtet seine Rinder selbst. Das Wild ist ausschließlich regional aus Schwielowsee. Da bekommt Olaf Bornemann die ganzen Tiere, zieht ihnen das Fell ab, zerlegt und verarbeitet sie. Die meisten seiner Würste macht Bornemann selbst. Vor allem im Winter geht das Wurstgeschäft, im Sommer ziehen die Grillspezialitäten und die frischen Salate die Kunden an.
Olaf Bornemann findet zwar, dass es heute weniger Spaß macht als früher eine Fleischerei zu führen wegen der ständig wachsenden Bürokratie. Dennoch macht ihm sein Beruf Spaß und er hat keine Zukunftssorgen. Ob er auch 68 Jahre und länger am Ball bleiben wird wie sein Vater? Dann wird Caputh noch lange einen qualitätsbewussten Fleischerladen haben und die Grillfeste werden weiter so lecker bestückt sein! Unsere Gaumen freuen sich – vielen Dank dafür!
Text 6 Foto: Eva Loschky
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