Wassertaxi mit Stop in Schwielowsee – Wunsch oder Wirklichkeit? Vielversprechend verkündet uns Ende März die Potsdamer Neueste Nachrichten, dass das Wassertaxi am 21. Oktober 2017 eine Fahrt zum „Schwielowsee in Flammen“ anlässlich des 700-jährigen Jubiläums von Caputh und Ferch durchführt. Anlass zur Hoffnung, dass das Wassertaxi doch noch zu uns … weiterlesen
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Die Kräuterheidi
Willkommen fühlt sich wirklich jeder, der die neue Kräuterwerkstatt von Heidi Knappe in Ferch besucht. Das liegt vor allem an Heidi Knappe, der „Kräuterheidi“ selbst. Denn sie freut sich von Herzen, wenn sie ihre Leidenschaft teilen, andere begeistern, wenn sie alle Sinne ihrer Besucher wecken kann.
So kann man z.B. immer am letzten Dienstag im Monat „Wildkräutermenüs kochen“. Zuerst stellt Heidi Knappe die Wildkräuter vor, dann gehen alle raus und sammeln diese. Danach geht es „ab in die Küche“, denn es wird aus den Kräutern gemeinsam das Menu gekocht. Das Kräuterfestmahl wird anschließend am großen Tisch im Saal oder bei schönem Wetter im Garten mit einem Gläschen Prosecco genossen. Natürlich gibt es die ganzen Rezepte ausgedruckt zum Mitnehmen, damit man zuhause weiter mit Kräutern experimentieren kann.
Dieses Rundumpaket, was sehr oft als gemeinsame Aktion für Mitarbeiter eines Unternehmens oder auch für Geburtstagsfeiern, Familienfeste o.ä. gebucht wird, liebt Heidi Knappe. „Alle haben Spaß, die Truppe ist immer kunterbunt gemischt, jung und alt, die Leute ziehen mit. Oft überziehe ich tierisch die Zeit, einfach, weil es so viel Freude macht!“ Und schmunzelnd erzählt sie, wie plötzlich beim Seminar „Grillkräuter“ eine große Gruppe Männer – „Männerpower pur“- vor ihr stand.
Die Potsdamerin Heidi Knappe ist gelernte Köchin, studierte Ökonomie, arbeitete als Ernährungsberaterin und Produktentwicklerin in einem Unternehmen. Die Geburt ihres schwerstbehinderten Sohnes vor 13 Jahren stellte Heidi Knappe vor neue berufliche Herausforderungen. Sie machte sich selbständig, um zeitlich flexibel arbeiten zu können. Als sie entdeckte, dass Ihr Sohn immer dann den Kopf hob, wenn sie ihm Kräuter brachte, und dass andere Menschen ebenfalls bezaubert werden konnten mit dem Geruch von Kräutern, fing Heidi Knappe an, Fruchtaufstriche mit Wildkräutern wie z.B. Holunder-Birne-Kardamom zu produzieren und auf dem Markt am Nauener Tor in Potsdam und in der Domäne Dahlem in Berlin zu verkaufen. „Wenn ich für ein Produkt brenne, dann kann ich andere dafür begeistern – das klappt einfach!“ Ihre Käufer wollten mehr, wollten Kurse, wollten Rezepte. So erweiterte Heidi Knappe ihre Produktpalette: „Das Wildkräuterpesto ist und bleibt ein Renner, aber auch die Gierschlimoade, der Wildkräutersenf, die Essig, die Chutneys, die Liköre laufen super.“ Im vergangenen Jahr meldete sich sogar das RBB-Fernsehen bei Heidi Knapp. Die Sendung „Grüne Lust: Kochen mit Heilkräutern“ überzeugte viele Menschen, sich auf den Weg – damals noch nach Stahnsdorf – in die Kräuterwerkstatt zu machen, im Hofladen zu stöbern oder an einem Kurs teilzunehmen.
Letztes Jahr musste Heidi Knapp ihr durch Mundpropaganda bekannt gewordenes Domizil in Stahnsdorf verlassen und hat nun einen idealen Platz für ihre Werkstatt im Kammeroder Weg 4 in Ferch gefunden – der Bus 607 hält nur 100m vom Haus entfernt.
Hier können die Kräuter im Garten gedeihen, man kann bei den vielen Veranstaltungen der Kräuterwerkstatt im Garten, im Wintergarten oder im großen Saal sitzen, genießen, gemeinsam Spaß haben. Das Wohnhaus ist mit der Werkstatt verbunden, es gibt genug Platz für Produktion, Verkauf, Kurse und Events. Jetzt geht es nur noch darum, ob die Besucher den Standort in Ferch genauso lieben wie bisher Stahnsdorf.
Das vollständige Programm der Kräuterwerksatt liegt an verschiedenen Stellen bei der Gemeinde aus oder ist auch hier zu finden: www.kraeuter-heidi.de
Eva Loschky
25 Jahre: „Ich bin die Christel von der Post"
25 Jahre: „Ich bin die Christel von der Post”
Klein das Salär und schmal die Kost.
Aber das macht nichts, wenn man noch jung ist –
Wenn man nicht übel, wenn man im Schwung ist.
Ohne zu klagen
Kann man’s ertragen.
Wenn man dabei
Immer lustig und frei!
……..
Mein Amt ist herrlich,
Wenn auch gefährlich.
Auf die Adresse kommt es an;
Ist’s ein galanter,
Ist’s ein charmanter,
Wird es fatal oft dann und wann………….“
Dieses Lied aus der Operette „Der Vogelhändler“ von Carl Zeller passt einfach zu gut zu unserer Postbotin, deren Vornamen auch mit C beginnt. Denn „unsere“ Christel von der Post feiert nicht nur ihr 25jähriges Dienstjubiläum bei der Post, nein, sie fährt so unglaublich schwungvoll Auto, rückwärts wie vorwärts, und bringt uns den Havelboten –ohne zu klagen. Dafür gäbe es allerdings Grund: 25 große Kartons versperren den Platz im Auto, wenn Havelboten-Tag ist. Und jeder möchte ihn haben, sagt Christiane, und zwar am liebsten alle gleichzeitig. Pragmatisch wie sie nun einmal ist, versucht sie deshalb, den Havelboten an einem einzigen Tag in jeden Briefkasten ihres Zustellungsbereichs zu stecken. Dieser ist inzwischen sehr groß geworden und umfasst alle Haushalte in Caputh, die zwischen der Strasse nach Ferch und der Havel liegen. Christiane freut sich dann vor allem, wenn der Briefkasten groß genug ist, sprich, wenn der Briefschlitz mindestens die Breite eines DIN-A4-Blattes hat, sodass sie das Heft reinstecken kann, ohne sich an den Fingern zu verletzen, ohne den Havelboten falten, ohne ihn durch den Schlitz hindurch würgen zu müssen. Stecken doch allzu oft in diesen Schlitzen zudem noch andere gefaltete Zeitungen oder Prospekte. Dann dauert die Postverteilung noch länger und der Feierabend rückt weiter nach hinten.
„Ohne zu klagen, kann man’s ertragen, wenn man dabei immer lustig und frei!“ Tatsächlich erlebe ich unsere Postbotin stets engagiert für das, was sie tut. Sie liebt ihren Beruf, sagt sie, denn er gibt ihr auch Freiheit, sich die Zeit einzuteilen, den Ablauf, die Pause, das Tempo. Da fährt sie schon einmal schnell zuerst zum Reisebüro, wenn dieses um 12 Uhr schließt und lädt dort die schweren Kartons ab. Da klingelt sie mit einem Päckchen an meiner Tür und sagt „Überraschung“, wenn es sich zum Beispiel so weich wie ein Kleidungsstück anfühlt. Ihre fröhliche Ausstrahlung ist ansteckend – doch Klartext spricht Christiane auch. Vor allem dann, wenn keine Namensschilder an den Briefkästen sind oder ein Kunde sich respektlos verhält und meint, wenn die Post mal später kommt, dass die Postbotin wohl lieber ausschlafen wollte. Offensichtlich weiß er gar nicht, dass der Tag schon früh in Michendorf mit dem Sortieren der Post und der Pakete und dem Beladen des Zustellfahrzeugs beginnt.
Christiane ist glücklich, wenn ihr beim Austragen ein Lächeln begegnet, sie mit freundlichen Worten empfangen, wenn sie wertgeschätzt wird. Dann erlebt Christiane den Arbeitstag leicht und beglückend. Und es kann sie tief verletzen, wenn die Kunden meckern oder sie verbal zu Unrecht angreifen. Sehr betroffen ist Christiane, wenn sie Trauerkarten in der Hand hält und erfährt, dass der, dem sie in der vergangenen Woche noch die Post in die Hand gedrückt hat, den sie seit vielen Jahren kennt, über Nacht verstorben ist. Und Freude erhellt ihr Gesicht, als sie erzählt, dass sie zu ihrem 25jährigen Berufsjubiläum als Postbotin von ihrem Unternehmen einen freien Tag geschenkt bekommen hat. Und dieser Tag, es war der 1. April 2017, fiel auch noch auf einen Samstag. Wo doch die Zusteller nur jeden sechsten Samstag frei haben! Wenn Christiane davon erzählt, wie sie dem Tipp einer netten Kundin gefolgt ist und für das Jubiläumssfrühstück das Café in der königlichen Gartenakademie in Dahlem ausgewählt hat, wie sie den Ort genossen hat, dann strahlt sie über das ganze Gesicht.
Wenn es in allernächster Zukunft wahr wird und die Post ihre Fahrzeuge durch Elektroautos ersetzt, dann wird es spannend, ob die Technik so weit fortgeschritten ist, dass der Akku reicht für all die Strecken, die die Zusteller zurücklegen müssen, ob er reicht für die bei kaltem und nassen Wetter so dringend benötigte Heizung. Christiane sieht dem Wandel gelassen und neugierig entgegen: denn technische Innovationen begeistern sie und sie liebt die Herausforderung!
Ich beglückwünsche die Post zu einer so engagierten Mitarbeiterin, die diesen Beruf unermüdlich seit 25 Jahren ausübt und uns Schwielowseeer mit ihrem Temperament beglückt. Vielen Dank, liebe Christiane und viele „galante, charmante…“ Kunden weiterhin!
Das neue Elektroauto der Post – bald auch in Schwielowsee?
Eva Loschky
90-30-25-20: Die Handweberei und ihre Jubiläen
Jeder sieht das kleine Haus der Handweberei unweit der Kirche in Geltow. Viele kennen es und ahnen dennoch nicht, was sich drinnen versteckt. Es gibt so vieles zu entdecken, es ist so viel mehr da, als man vermutet, wenn man vor dem Tor steht. „Wer sich einmal hineintraut, der bleibt!“ – sagen Mutter und Tochter, Ulla und Nadine Schünemann beinahe gleichzeitig.
„Jetzt muss ich doch einmal gucken“ mit diesem Satz betreten viele den Hof. Überrascht lassen sich dann die Besucher vom Zauber einer anderen Welt gefangen nehmen, die Zeit scheint stehen zu bleiben, Entspannung pur.
Es ist nicht nur das idylische Café im denkmalgeschützten Webhof und bei Kälte und Regen im Haus, was die Erfrischung bringt. Es ist diese besondere Atmosphäre, die Verschmelzung von Arbeit und Museum, die im Tanzsaal der ehemaligen Gastwirtschaft besticht. Seit 25 Jahren gibt es dieses aktive Museum – Jubiläum! -, in dem man der Handwebermeisterin Ulla Schünemann, ihrer Tochter und Handwebergesellin Bianca und ihrer Mitarbeiterin auf sechzehn originalen 200 bis 300 Jahre alten Handwebstühlen über die Schulter schauen kann..
In diesem Augenblick steht der Besucher in Deutschlands größter Handweberei, die seit 90 Jahren besteht, 1927 in Gildenhall in der Nähe von Neuruppin von Henni Jaensch gegründet. 90 Jahre Handweberei, ein Jubiläum, das in einer Festwoche – noch bis zum 4. Juni – gefeiert wird.
Ein Jubiläum, das viel Respekt verdient. War es 1939 mutig von Henni Jaensch, die Gaststätte in Geltow zu erwerben und daraus einen Webhof zu machen, im Garten Vieh zu halten, Gemüse anzubauen und mit anderen Gleichgesinnten eine sich weitgehend selbstversorgende Lebens- und Arbeitsgemeinschaft zu gründen, so war es vor 30 Jahren – und hier steckt das dritte Jubiläum – mindestens ebenso mutig von Ulla Schünemann, den Webhof zu übernehmen. Ihre Mutter Annemarie war bereits eine enge Mitarbeiterin von Henni Jaensch, sodass Ulla Schünemann früh in die Besonderheiten dieser Kunst eingeführt war. Mit natürlicher Ehrfurcht setzt Ulla Schüneman heute zum einen die Tradition von Henni Jaensch, deren Kunst stark von der Bauhaus-Programmatik geprägt ist, fort. Zum anderen sind sie und ihre Töchter stets offen für neue Ideen: so fertigen sie zum Beispiel Webstoffe nach Entwürfen von Designern an, darunter der berühmte niederländische Künstler Willem de Rooij, die in Ausstellungen in Los Angeles, Paris oder London zu sehen sind. Es gab zahlreiche Auftragsarbeiten für Film und Fernsehen, sie stellen Webstoffe nach den Wünschen des Kunden her, maßgeschneiderte Kleidung, Tischwäsche, Gardinen, Decken und ihre Produkte gibt es in Läden von Berlin über Schwerin bis Erlangen zu kaufen.
So wundert es nicht, dass die innovativen Frauen bereits vor 20 Jahren – wiederum ein Jubiläum – eine Modenschau ins Leben riefen. Diese hat inzwischend schon Tradition. Die Proben finden nicht mehr auf dem großen Küchentisch wie beim ersten Mal statt, sondern auf einem richtigen Laufsteg. Selbst auf der Grünen Woche war sie zu sehen.
Erstaunlich ist für den Besucher, welche Räume sich im Haus noch für einen Laden öffnen, wieviel Schätze er entdecken und kaufen kann. Ein kleines Paradies für Suchende und Nichtsuchende.
Die Geschichte der Handweberei ist eine Erfolgsgeschichte. Vor allem zu DDR-Zeiten waren die Produkte dieses „privatkapitalistischen“ Unternehmens sehr gefragt. Doch mit dem Mauerfall brach das Unternehmen völlig zusammen, große Aufträge wurden einfach storniert, die Mitarbeiter mussten gekündigt werden. „Keiner wollte mehr, was er 40 Jahre hatte. Eine Katastrophe!“ Das drohende Aus – ein Schock, vor allem auch für die hochbetagte Henni Jaensch – sie starb 1998. Doch Dank engagierter persönlicher Unterstützung, dank Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Brandenburger Arbeitsministeriums wurde der Mut von Ulla Schünemann wieder neu entfacht und inzwischen auch wieder belohnt.
„Ich kann sogar schon Rücklagen bilden“ meint Ulla Schünemann, „damit endlich die Elektrik erneuert und der Hof neu gepflastert werden kann“. An Urlaub denkt sie nicht.
Meiner Meinung nach sollten für dieses Kleinod öffentliche oder auch private Gelder zur Verfügung gestellt werden, denn die Gemeinde Schwielowsee braucht so besondere touristische Anziehungspunkte wie die Handweberei.
Und nebenbei: mir geht es genauso wie den anderen Besuchern. Ich habe mich hinein getraut, bin gerne geblieben und komme ganz sicher wieder!
Eva Loschky
Marie Goslich und der Butterknoten
„Was soll das denn jetzt?“, werden Sie, geneigte Leser vielleicht fragen. Vielleicht erinnern Sie sich auch, dass ich in einem früheren Beitrag zum Thema Bäcker Karus das Thema durchleuchtet hatte. Also bleiben Sie dran. Es wird sich gleich aufklären…
Wieder einmal hatten Eva Loschky und Jörg Becker ihr wunderschönes Haus „elisabeth am See“ für Gäste geöffnet und darin Raum gegeben für ein Ereignis, das seinesgleichen sucht. Wir waren spät dran an diesem ersten Frühlingssonntag und ergatterten nur zwei Plätze in der ersten Reihe, weil andere Gäste offenbar dem Sonnenschein den Vorzug gegeben hatten. Ein Fehler, wie sich bald herausstellte. In der intimen Atmosphäre des Hauses bezauberten Christine Uhde (Rezitation), Beate Masopust (Gitarre) und Benno Kaltenhäuser (Cello) mit einem Programm aus Gedichten von Rainer Maria Rilke und Musik von Erik Satie bis Bela Bartok: „O Leben, Leben, wunderliche Zeit“. Das Ganze war als Auftakt zur Eröffnung der Ausstellung „Alles, außer gewöhnlich – Marie Goslich“ gedacht, aber wir hörten ein ganz eigenes Kunstwerk aus einem Guss. Die lyrischen Gedichte Rilkes bekamen durch die musikalische Untermalung und Begleitung eine ganz besondere Stimmung. Das eine oder andere Gedicht, dem Lauf der Jahreszeiten folgend, hatte man schon gehört, aber noch nicht so. Die drei Künstler vermittelten den Zuhörern die Freude an ihrem Zusammenspiel, unterstrichen durch stimmungsvolle Kostüme und Kerzenschein.
Der zweite Teil des Abends war dem Werk von Marie Goslich gewidmet. Man hat dank der jahrelangen Forschungsarbeit von Krystyna Kauffmann in Caputh schon viel über diese außergewöhnliche Frau lesen können, aber alle warteten gespannt auf die einführenden Worte von Frau Kauffmann. Die kamen auch, allerdings zunächst anders, als erwartet. Wie immer sorgten Eva Loscky und Jörg Becker für das leibliche Wohl der Gäste. Dieses Mal hatten sie das Brot bei unserem neuen Caputher Bäcker Markus Magdziarz bestellt. Und Krystyna Kauffmann wäre nicht Krystyna Kauffmann, wenn sie diese Tatsache nicht spontan angemessen würdigen und ihm Gelegenheit geben würde, sich vorzustellen.
Als Krystyna Kauffmann wieder auf Marie Goslich zu sprechen kam, war ihr die Bewegung anzumerken, insbesondere über deren trauriges Lebensende. Was für ein Leben! Wenn es eine junge Frau aus gutem Hause wagte, sich in Unterwäsche am See zu zeigen, um ein gutes Fotomotiv zu ergattern, was bedeutete das damals? Und wer sind überhaupt die jungen Männer am See?
Wie viel Recherche war nötig, um dieses ungewöhnliche Leben nachzuzeichnen! Und wie viel Mühe und Arbeit in Archiven, um feststellen zu können: Marie Goslich war die erste Fotojournalistin Deutschlands. Ihre Bilder dokumentieren nicht nur, sondern illustrieren häufig Zeitungsartikel, in denen Marie Goslich dezidiert auf soziale Missstände hinwies. „Was, wenn sie ein Mann gewesen wäre?“ Diese Frage stellt Krystyna Kauffmann zurecht. Erst durch ihre Arbeit hat eine breitere Öffentlichkeit überhaupt von Marie Goslich erfahren. Dass es die Photoplatten noch gab bei der Familie Herrmann in Geltow ist ein seltener Glücksfall. So dürfen wir heute die „Schnappschüsse“, die gar keine sind, bewundern und können uns ein Bild machen von jener Zeit. Schauen Sie sich die Photos an. Sie erzählen vom einfachen Leben der Menschen hier vor mehr als hundert Jahren.
Das Brot hat übrigens wunderbar geschmeckt. Und was die Butterknoten angeht wird ja nun doch alles gut: Markus hat ihn in sein Angebot aufgenommen und backt ihn wieder – nach dem alten Rezept von Karus.
Dr. Martina Schuster
Markus der Bäcker: unser täglich Brot
Unser täglich Brot gib uns heute – diesen Satz kennen die meisten. Und Markus der Bäcker, der die Traditionsbäckerei Karus ab April weiterführen wird, steht von ganzem Herzen und tiefer Überzeugung ein für diesen Satz. Er liebt sein Handwerk, er will seine Handwerksleistung verkaufen und gute Ware anbieten, die sich unterscheidet von den Billigprodukten. Der gebürtige Babelsberger hat bei Lenz in Werder Bäcker gelernt, 12 Jahre lang bei Kühnbaum in Töplitz und zuletzt 3 Jahre für eine Berliner Großbäckerei gearbeitet. Doch er fühlt sich dem Havelland und seinen Bewohnern tief verbunden und freut sich auf seine Rückkehr. „Ich habe mitgekriegt, auf was die Brandenburger geschmacklich so stehen!“
Deshalb wird Markus der Bäcker auch konventionelle Produkte – wie z.B. den berühmten Schokoknoten von Karus – im Programm haben. Doch sein Herzblut schlägt für Produkte, die ohne Hefe auskommen und nur mit Sauerteig gelockert werden, für Teige, die „langzeitgeführt“ sind. So wird es bei Markus ein „Beutebrot“ geben. Was steckt dahinter? Woher kommt der Name?
Ein Beutebrot ist ein Vollkornweizenbrot, das wie vor 200 Jahren gebacken wird. Damals gab es keine Backhefe und keinen elektrischen Strom für die Knetmaschine. Die Bäcker mussten es irgendwie von Hand schaffen, dass der Teig stabil wird und natürliche Hefe bildet. Markus der Bäcker faltet dafür in drei Stunden alle 30 Minuten den Teig mit der Hand einmal neu. Der Teig liegt dabei in der „Beute“. So heißt die Wanne, in der geknetet wird. Daher kommt auch der Name: Beutebrot. Nach diesen drei Stunden kommt der Sauerteig in den Kühlraum, wo er sich über Nacht langsam entfalten und gären kann. So entwickelt er ein mildes und leckeres Aroma, nimmt mehr Feuchtigkeit auf und bleibt viel länger frisch.
Gesundheit ist eine Verpflichtung für Markus den Bäcker: „Ich möchte Produkte ohne Hefe anbieten, denn Produkte mit Hefe sind nicht so bekömmlich. Ich lockere meine Teige – auch die ganz normale Schrippe – mit Sauerteig und stelle langzeitgeführte Teige her, die sich über Nacht entwickeln. So kann ich auf Konservierungsmittel verzichten, aber auch die Produktion auf den Tag verlegen, was gesünder für meine Angestellten ist.“
„Ich möchte auch nicht mit Produkten arbeiten, die um die halbe Welt gefahren wurden. Wir haben vor Ort die Möglichkeit, die Sachen herzustellen und zu verarbeiten. Gerade Brot: beim Bäcker muss doch Nachhaltigkeit funktionieren. Wenn nicht hier, wo dann?“
Regionalität, Bioqualität, Nachhaltigkeit und Kooperation – wichtige Prinzipien für Markus den Bäcker. Er möchte „keine Firma in Amerika groß machen, sondern den, der hier produziert und lebt.“ So hat er schon viele regionale Unternehmen gefunden, von denen er seine – nach Möglichkeit biologisch angebauten – Waren bezieht. Markus ist sich sicher, dass immer mehr Menschen – und vor allem die Caputher mit den vielen Gästen aus Potsdam und Berlin – wissen möchten, woher die Zutaten kommen, „was da überhaupt drin ist in der Tüte, wie die Produkte hergestellt werden. Dafür werden sie auch ein bisschen mehr ausgeben.“
Deshalb hat Markus der Bäcker auch das Café erweitert um einen schönen Platz mit Bank im Hof. Da im Hof große Glasscheiben den Blick zur Backstube öffnen, können die Besucher –Schulkinder, Radtouristen, alle Kunden – dem Bäckermeister beim Handwerk zuschauen. Da schmecken dann Kaffee und Kuchen bestimmt besonders gut!
Samstags bleibt der Laden geschlossen, denn der Samstag ist Markus, dessen Frau als Altenpflegerin in der Intensivpflege arbeitet, heilig. Dieser Tag gehört der Familie, das ist strenges Prinzip. Dafür öffnet die Bäckerei sonntags bis 14 Uhr, sodass man seine frischen Sonntagsbrötchen und leckeren Kuchen für den Nachmittagskaffee kaufen kann.
„Doch ich lasse meine Caputher auch am Samstag nicht im Stich: denn der Bioladen, der meine Produkte verkaufen wird, hat samstags offen und Brötchen von mir. Und die Hochzeitstorte – die liefere ich selbstverständlich auch samstags!“
Eröffnung von „Markus der Bäcker“
am Sonntag, 2. April 2017, Friedrich-Ebert-Str. 51 in Caputh
Eva Loschky
Alles, außer gewöhnlich!
Alles, außer gewöhnlich war es 1908, dass eine Frau an die Tür ihrer ersten eigenen Wohnung in Berlin schrieb: „Schriftstellerin und Redakteurin“. Marie Goslich.
Alles, außer gewöhnlich war es knapp 100 Jahre später, als sich in Caputh 2006 zwei Frauen finden, die eine Historikerin, die andere Naturwissenschaftlerin, die das große Werk dieser Fotografin und Journalistin wieder entdeckten. Helga Tauber und Krystyna Kauffmann.
Alles, außer gewöhnlich war es, dass sich im Gasthaus Baumgartenbrück die junge Wirtin und Marie Goslich, die seit 1925 in Geltow wohnte, so eng miteinander befreundeten, dass Marie Goslich der Gastwirtin einen unglaublichen Schatz anvertraute: ihre Glasnegative. Intuitiv wusste diese um den historischen Wert des Negativmaterials und verwahrte es – so gut es ging – in den Wirrren der Kriegszeit. Lieselotte Herrmann.
Das gesamte Negativmaterial bewahrt heute der Sohn in einer Privatsammlung auf. Albrecht Herrmann.
Ein Fotograf aus Geltow hat das gesamte Werk digitalisiert. Mathias Marx.
Ein Spezialist für Mikrofotografie aus Caputh hat das Material für einen Bildband bearbeitet. Manfred Friedrich.
Eine Caputherin hat Korrektur gelesen. Christine Stoof.
Alles, außer gewöhnlich – diese großartige Zusammenarbeit innerhalb einer Gemeinde. Entstanden sind dadurch zahlreiche Publikationen und drei Bücher. Das letzte Buch, um das es in diesem Artikel geht und welches Lieselotte Herrmann gewidmet ist, erschien im November 2016, Herausgeberin: Krystyna Kauffmann
Marie Goslich: Krystyna Kauffmann & Richard Reisen, Ein Leben hinter Glas, 2016, Verlag Kettler, Dortmund
Als ich das Buch in die Hand nehme, verliebe ich mich sofort in das Cover, in dieses Mädchen, welches da die Tür öffnet. Und ich genieße die wunderbare Haptik des Bandes. Das Buch schmeichelt den Händen und es berührt das Herz, wenn man die Fotos – es sind über 300 – anschaut. Jedes Bild erzählt seine eigene Geschichte. Und die Geschichten werden lebendig und nehmen immer mehr Gestalt an, wenn Krystyna Kauffmann noch Einzelheiten dazu erzählt. Sie weiß von fast allen Fotos, wo sie aufgenommen sind, welche Inhalte sie vermitteln möchten. Ich könnte stundenlang lauschen, denn die Herausgeberin ist eine wahre Geschichtenerzählerin. Gleichzeitig fasziniert mich, wie verwoben die Autorin mit diesem Thema ist – dieses Buch ist ihr drittes Buch über Marie Goslich. Und ich verstricke mich auch in diese Pionierin ihrer Zeit, in ihr fortschrittliches Denken, in ihre ungewöhnlichen Entscheidungen, in ihren Mut. Denn keine Frau außer ihr hat Anfang des 19. Jahrhunderts Journalismus mit Fotografie verknüpft, war so sozialkritisch, war Redakteurin der Zeitschrift „Körperkultur“, war Mitglied der Bodenreformer unter Adolf Damaschke und vieles mehr. Beeindruckt hat mich auch das Detail, dass Marie Goslich den unehelichen Sohn ihres Mannes adoptiert hat. Alles, außer gewöhnlich, oder?
Krystyna Kauffmann erzählt mir, wie sie gemeinsam mit Helga Tauber auf dem Boden saß, wie sie die Glasnegative sorgfältigst reinigten und sich austauschten. „Helga Tauber habe ich alles zu verdanken. Ich lernte von ihr historisch zu denken, genau zu sein, nach historischen Quellen zu suchen. Ohne sie wäre die Wiederentdeckung von Marie Goslich nicht geglückt“.
Leider ist Helga Tauber Anfang diesen Jahres verstorben, was Krystyna Kauffmann sehr traurig macht. Nun wird sie Marie Goslich ohne Helga Tauber weiter entdecken müssen. Denn es gibt noch eine Menge Aufzeichnungen von Lieselotte Herrmann, die vieles aus den Gesprächen mit Marie Goslich in Form von Notizen und auf Band gesprochenen Erinnerungen festgehalten hat.
Doch bevor ein viertes Buch sich seinen Weg bahnt, hat Krystyna Kauffmann eine Ausstellung in elisabeth am see® kuratiert.
Ausstellungseröffnung mit K. Kauffmann am 26. März um 18:15 Uhr
Konzert zur Ausstellung I Rilke, Bartok, Satie, Fauré I 26. März um 17:00 Uh
B.Masopust – Gitarre I C.Uhde – Schauspiel I B.Kaltenhäuser – Cello
Eintritt: 15 € im Vorverkauf I 20 € Abendkasse
Reservierung erbeten unter info@elisabeth-am-see.com
Ich kann nur jedem, jeder empfehlen, hinzugehen, dem Konzert oder dann den Geschichten von K. Kauffmann zu lauschen und sich inspirieren zu lassen. Denn: alles, außer gewöhnlich!
Eva Loschky
Für jede Lösung ein Problem
„Was wäre, wenn Ihre Familie, Freunde und Bekannte wüssten, was sie wirklich über sie denken? Gerri schreibt Abschiedsbriefe an alle, die sie kennt und sie geht nicht gerade zimperlich mit der Wahrheit um. Nur dummerweise klappt es dann nicht mit den Schlaftabletten und dem Wodka – und Gerris Leben wird von einem Tag auf den anderen so richtig spannend. Denn es ist so eine Sache, mit den Mitmenschen klarzukommen, wenn sie wissen, was man wirklich von ihnen hält!“
Hat der Roman von Bestsellerautorin Kerstin Gier schon über eine Million begeisterte Leser gefunden, so wird es spannend, ob der gleichnamige Film unter der Regie von Thomas Freundner, mit Katharina Wackernagel in der Hauptrolle, es schafft, am Sonntag, den 19. März den „Tatort-Abend“ zu einem „Herzkino-Abend“ werden zu lassen. Genau an diesem Tag startet das ZDF nämlich eine neue Sendereihe, also mal nicht der übliche Sonntag Abend mit Rosamunde Pilcher oder Inga Lindström.
Das ZDF konnte für den ersten Film dieser neuen Reihe den bekannten Regisseur und Drehbuchautor Thomas Freundner, der mit seiner Familie in Caputh lebt, gewinnen. Thomas Freundner hat bisher über 20 Spielfilme gedreht, darunter auch einen wunderschönen Märchenfilm, ist Regisseur der Krimikomödie „Alles Klara“, einer Vorabendserie und hat u.a. den Adolf-Grimme-Preis für den Tatort „Herzversagen“ gewonnen.
Mit großer Freude erzählt Thomas Freundner, der ja immerhin 14 „Tatorte“ gedreht hat, von seinem ersten ZDF-Sonntag-Abend-Film, der dem Tatort in der ARD Konkurrenz machen wird: „Für mich gibt es einen „Krimi overkill“ im Fernsehen. Man müsste mal zählen, wieviele Leichen es pro Woche im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gibt! Es freut mich mittlerweile besonders „Projekte ohne Leiche“ zu drehen. Wieso sollen wir denn immer nur über Mord und Totschlag erzählen, es gibt doch so viel Anderes, Wunderbares…“ Mit der Hauptdarstellerin Katharina Wackernagel, die in jeder Szene seines Films zu sehen ist, hat er eine Schauspielerin gewählt, die große Gefühle ernsthaft und glaubhaft darstellen kann und bekannt dafür ist, ihren Rollen eine große Tiefe zu verleihen. Thomas Freundner setzte bei der Filmproduktion außerdem durch, alle Szenen mit zwei Kameras aus zwei Richtungen gleichzeitig zu filmen. Das gibt den Schauspielern viel mehr Freiheit, das Spiel wird dichter und authentischer, auch weil die Szenen nicht so oft wiederholt werden müssen. Diese Arbeitsweise hat Freundner bei Seriendrehs für sich entdeckt und nun auf den Hauptabend übertragen.
Der Film wurde im letzten Jahr bei herrlichstem Sommerwetter in Berlin gedreht, was neben der schönen Geschichte die Dreharbeiten so angenehm gemacht hat, dass alle am Ende traurig waren, als der Film abgedreht war. „Das ging uns irgendwie allen so, es war ein besonderer Dreh“ sagt Freundner.
Am 19. März wird wohl noch kein Sommerwetter in Schwielowsee herrschen, sodass sicher viele Menschen den Abend vorm Fernseher verbringen werden. Vielleicht versucht es der eine oder andere Leser ja, an diesem
Sonntagabend im März, also am 19.3. um 20:15 Uhr
mal mit dem Zweiten, um sich an Stelle des „Tatorts“ die romantische Komödie „Für jede Lösung ein Problem“ anzuschauen…
Eva Loschky